Sina am Chrüz & Quär in Dübendorf

An ein Zirkuszelt hatte ich eigentlich nicht gedacht, als ich mich entschied, das Konzert in oder eher bei der Oberen Mühle zu besuchen. Aber die spezielle Location des Chrüz & Quär-Kleinkunstfestivals entspricht dem Konzert sehr: Sina ist jedes Mal wieder etwas Besonderes.

Den musikalischen Anfang macht Sina mit einem Stück Gartenschlauch – es erinnert ein bisschen an einen Elefanten und passt damit hervorragend in das Zirkuszelt. Was folgt, sind sehr abwechslungsreiche und beeindruckende zweieinhalb Stunden Musik und Unterhaltung (inkl. Pause). Sina ist eine begnadete Sängerin, hätte aber auch eine Karriere als Comedian einschlagen können, wie meine Begleiterin bemerkt. Es wäre aber schade gewesen um die wunderbare Stimme. Diese kommt in der kleinen Trio-Formation noch besser zur Geltung. Und auch Michael Chylewskis Bass hört man klarer ohne das Schlagzeug. An einigen Stellen ist er gar das einzige Begleitinstrument, an andern wird er ergänzt von Peter Wagners Gitarre, E-Piano und Melodica, von Metronom und anderem musikalischen Spielzeug von Sina. Oder der Bass wird ersetzt durch einen Kontrabass oder eine Gitarre. Im langen Set ist Platz für viele Soli und für ganz viel Stimme. Und diese beeindruckt live definitiv noch mehr als auf CD. Sinas Repertoire an Stimmfacetten scheint unerschöpflich, ich glaube an jedem Konzert wieder Neues in der Stimme zu entdecken: eine neue Kraft, eine neue Feinheit, ein neues Experimentieren.

Publikum und Musiker bekommen durchaus ihr Fett weg. Man merke sich: Als Mann mit weissem Hemd setze man sich bei Sina nicht in die vorderen Reihen. Denn Sina beklagt in einem Lied ein „fiesus Schwein“, das sie sitzen liess, und braucht dafür einen Ansprechpartner. Der auserwählte Röbi aus der ersten Reihe nimmt‘s gelassen. Und auch Peter Wagner verkneift sich ein Lachen, als Sina ihn mit einem Dubler-Mohrenkopf vergleicht (übrigens ein Aargauer Fabrikat, wie Sina erklärt). Vielleicht kann man Sina einfach nichts übel nehmen, so sympathisch wirkt die Sängerin auf der Bühne.

Das Set schliesst neben den grossen Hits vom Pfarrärssohn und „Ich schwöru“ auch viele ältere und alte Songs ein, wie etwa „Hinnär diär“ von 2008 mit komplett neuem Intro oder „Fiirvogl“ von 1997. Ein Lied im Lötschentaler Dialekt, die Stimme so tief und die Begleitung so ergreifend, dass ich mich völlig im Lied verliere und für immer im mystischen Lötschental bleiben möchte. Die Band holt mich mit den nächsten Songs wieder nach Dübendorf zurück. Mit dem verzerrten Klang einer mit Bogen gestrichenen Gitarre geht auch die Zugabe zu Ende. „Schlaf siäss, chleis Mämmi“ ist ein etwas gruseliges und kaltes Lied. Trotzdem hinterlässt das Konzert ein warmes Gefühl. Und die Hoffnung, dass ich Sina und Band bald wieder live hören darf.

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